09/1999
Bert Aschkowski
Munteres Stimmengewirr in der Wohnung von Gabi Zimmermann. Fast ein Dutzend junger Leute zwischen 18 und 24 treffen und begrüßen sich, als hatten sie sich ewig nicht gesehen. Dabei sind sie erst zwei Tage vorher aus Lettland zurückgekehrt. "Wir sind so etwas wie eine große Familie", meint Gabi, die Leiterin ihres Liedtheaters "Regenbogen". Das Gastspiel im Rigaer Freizeitzentrum "Kurzeme" ist keine Eintagsfliege, die Gruppe trat schon einmal vor vier Jahren dort auf. "Damals studierten wir unser beliebtes Stück 'Malvina' sogar auf Lettisch ein", erinnert sich Susi Pierstorf (24). Diesmal, bei "Dunkelrote Rosen", gab es Zusammenfassungen des Inhalts zwischen den Szenen. "Das neue Stück lebt ja gewissermaßen von der Musik", erklärt die Chefin. So finden sich in ihrer ersten Eigenproduktion, einer "Parodical" genannten Abrechnung mit den Groschenromanen, etliche wohlbekannte Schlager wie "Santa Maria", "Tränen lügen nicht" oder gar "Jugendliebe". "Es macht viel Spaß und geht auf lustige Art um die Irrungen und Wirrungen der Liebe", umreißt Kirstin Rohwedel (21) den Inhalt. Daneben hatte die Truppe Erfolg mit "Die Lumpenhexe", "Funkenflug" oder auch "Ente gut - alles gut". Das Liedtheater "Regenbogen" gibt es inzwischen ja auch schon zwölf Jahre an der Jugendkunstschule ARThus. Und Susi und Kirstin sind fast von Anfang an mit dabei. Die anderen, Anett Jung (20), Ines Klaaßen (21), Christina Sadenwasser (21), Anja Rosin (20), Sebastian Tetschke (19) und Michael Schmidt (21), stießen nach und nach zur Truppe. Michael wurde beispielsweise durch Kirstin auf die Truppe aufmerksam, da sie in seiner Klasse ist: "Ich bin nur mal zum Zuschauen mitgegangen, da hat man mir gleich einen Text in die Hand gedrückt, und es hat Spaß gemacht." Sebastian wiederum wurde vor Jahren durch eine Zeitungsmeldung auf "Regenbogen" aufmerksam. Inzwischen ist er schon fast ein alter Hase, der auch als Statist bei Filmarbeiten zum Einsatz kam. "Der Streifen heißt "Natascha" und soll im September auf 'arte' laufen", weiß er. Anett wirkte bei "Anja" und "Die Bademeister" mit. Kirstin hatte für einen Werbefilm im Molli pausenlos Kekse zu knabbern.

Dennoch haben die wenigsten direkte berufliche Ambitionen für die Schauspielerei. Da gibt es BWL- und Informatikstudenten unter ihnen, Auszubildende als Heilerzieher, Zahnarzthelferin, Banker, Krankenschwester oder Bürokauffrau. "Man lernt bei der Filmerei zwar Leute kennen, aber alles ist nicht so kreativ wie das Theater", ist sich Anett sicher. Und Sebastian freut sich vor allem über Fotosessions, die er aus Begeisterung mehrfach vor der Kamera mitmachte: "Es ist richtig cool, denn auf den Fotos sieht man, was man geleistet hat. Besonders die Schwarz-Weiß-Aufnahmen faszinieren mich." Zwei Ex-Mitglieder haben sich aber doch für die Bretter entschieden, die manchmal schon die Welt bedeuten. "Franzi Rieck studiert in Frankfurt Schauspiel. Wenn sie da ist, spielt sie aber immer wieder mal mit. Susi Vogel macht ihr Schauspielstudium in Paris", ist Gabi Zimmermann stolz auf "ihre Leute". Die Texte lernen die Darsteller meist auf den letzten Drücker. Schließlich wird bei den Proben noch recht viel verändert. Zur Premiere klappt es dann trotzdem meist. Lediglich beim aktuellen Stück hatten die Akteure am Ende der zweiten Vorstellung einen "Lachflash". Totale Heiterkeit, und keiner wußte, warum. "Aber das lockert auf", wirft Ines ein. Auftritte führten das Liedtheater zum "Liedersommer" nach Berlin, zu regelmäßigen Treffen bei der "Liederernte" nach Köthen. Vor heimischem Publikum sind die jungen Leute in Schulen, in Kitas, bei Betriebsfesten und Hochzeiten unterwegs. Und natürlich finden zahlreiche Aufführungen in der heimischen Spielstätte "Knautschzone" (Kuphalstraße 77) statt.
Gabi, Susi, Kirstin, Anett, Ines, Anja, Christina, Michael und Sebastian - ihre Leidenschaft ist das Theater, genauer das Liedtheater "Regenbogen". Trotz Filmangeboten bleiben sie den Brettern treu. "Theater ist einfach kreativer."
Stolz ist Gabi Zimmermann auf Franzi und Susi- "ihre Leute". Die eine studiert Schauspiel in Frankfurt, die andere in Paris. Doch die meisten ziehts in bürgerliche Berufe.